Rostock

Bericht zur Bürgerschaftssitzung, 19.11.2025

Da waren es nur noch sechs: Kurz vor Eröffnung der November-Sitzung der Rostocker Bürgerschaft wurde bekannt, dass die Rostocker AFD-Fraktion ein Drittel ihrer Mitglieder verloren hätte. Spannenderweise waren es keine inhaltlichen Differenzen, die zur Entzweiung führten: Es ging ums Geld. Es ist somit nicht zu erwarten, dass eine Besinnung der drei ausgetretenen Herren erfolgen wird.

Ebenfalls vor der Sitzung wurde bekannt, dass es in der Rostocker Stadtverwaltung zu Versäumnissen bei der Planung der Auszahlung von Personalgehältern gekommen ist. Unter anderem wurden nicht ausreichend Mittel eingestellt. Damit die November- und Dezember-Entlohnungen fristgerecht erfolgen können, bedurfte es eines Votums der Bürgerschaft. Dies wurde per Dringlichkeitsvorlage am Ende der Sitzung geheilt. Neben persönlichen Versagens im Hauptamt musste hier zur Kenntnis genommen werden, dass die strukturelle Unterdeckung des Rostocker Personalhaushaltes (u.a. durch Tarifsteigerungen und eine Erhöhung der Besetzungsquote) zugenommen hat. Für uns war völlig klar, dass trotz der persönlichen Versäumnisse in der Verwaltung das Problem gelöst werden muss: Auch wenn wir uns immer wieder mit konstruktiver Kritik mit der Verwaltung auseinandersetzen, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vernünftig bezahlt werden. Das gebietet der Respekt gegenüber der Arbeit der Verwaltung.

Thematisch widmeten wir uns als Erstes einem Vorstoß der Grünen und Linken, Schwarzfahren im ÖPNV künftig nicht mehr per Strafantrag zu ahnden. Vielmehr sollte das Schwarzfahren – wie auch das Falschparken – als Ordnungswidrigkeit sanktioniert werden. Es geht somit nicht darum, die Bestrafung von Schwarzfahren sanktionslos werden zu lassen. Auch wenn dies durchaus schlüssige Argumente sind, konnten wir uns dem Vorstoß nicht anschließen: Die Möglichkeit zur Sanktion einer Fehlhandlung muss weiterhin als abschreckendes Mittel bestehen bleiben. Wir haben uns die Entscheidung zu dem Thema nicht leicht gemacht und intensiv in der Fraktion diskutiert. Es ist daher sehr bemerkenswert, in welcher Intensität die Debatte geführt und am vermeidlichen politischen Gegner aufgeladen wurde. Scheinbar werfen die Landtagswahlen bereits ihren Schatten voraus. Am Ende wurde der Antrag abgelehnt.

Erhebliche Konflikte zum geplanten Radschnellweg Warnemünde-Lichtenhagen aufgreifend, zielten wir im nächsten Tagesordnungspunkt darauf ab, die Planungen so fortzusetzen, dass keine der bisher existierenden Fahrstreifen des Autoverkehrs für den Rad-/Fußgängerverkehr umgebaut bzw. umgewidmet werden muss. Wir sind keinesfalls gegen einen Ausbau des Radschnellverkehrsnetzwerkes. Doch muss anerkannt werden, dass ein Großteil der hiesigen Bevölkerung gegen die Opferung einer Fahrspur ist und das Öffentlichwerden des Themas zu erheblichen Unsicherheiten bei den Menschen in den Stadtteilen geführt hat. Die Neigung, sich gegenseitig ideologische Borniertheiten vorzuwerfen, wurde leider auch hier fortgesetzt: Fraktionen, die sich ansonsten sehr für den Einsatz der Ortsbeiräte einsetzten, sprachen sich nun dagegen aus, den Gremien zuzuhören und unterstellten plumpe Wahlkampfmanöver. Wir machten hier sehr klar: Wir lehnen die Instrumentalisierung einzelner Verkehrsgruppen gegen Andere ab. Es gilt für alle Menschen die Mobilität zu planen. Natürlich gilt es, eine Verkehrswende zu gestalten. Diese kann aber nicht erzwungen werden, ohne die gesellschaftlichen und strukturellen Auswirkungen zu berücksichtigen. Gegen die Stimmen der Grünen und Linken wurde der Antrag von einer Mehrheit der Rostocker Bürgerschaft angenommen.

Emotional war dann auch die kommende Debatte um die Stellplatzsatzung für Gastronomen. Die Linke forderte Sonderregelungen für kleine Gastronomien, die Stellplätze vorhalten müssen, obwohl man davon ausgehen sollte, dass die meisten Gäste nach ihrem Besuch eher nicht mehr in der Lage sind, ein Auto oder dergleichen zu bewegen. Oder um es konkreter zu machen: Der Antrag verschärft vor allem die Parkproblematik in den Stadtteilen der Innenstadt und löst zugleich erheblichen Mehraufwand für die Verwaltung aus. Wir lehnten den Antrag ab, weil dieser ein Einzelthema aus der Gesamtproblematik herauslöst. Dieses gilt es eher über eine gesamtheitliche Stellplatzsatzung zu lösen, die aktuell in der Entwicklung ist. Der Antrag fand schlussendlich keine Mehrheit in der Bürgerschaft.

Sehr wohlgesonnen standen wir anschließend einem Aufschlag der Linken zur Installation von mehr Trinkwasserspendern an Rostocker Schulen gegenüber. Relativ schnell und eindeutig wurde das Thema diskutiert und mehrheitlich angenommen.

Auch der Grote Pohl beschäftigte uns wieder: Ausgehend vom nun vorliegenden B-Plan wurde erneut beantragt, dass die letzte verbleibende Kleingartenanlage auf dem Gebiet so lange wie möglich geschützt und erhalten werden solle: Bis zum Beginn der Baumaßnahmen sollte ein solcher Schutzstatus errichtet werden. Dieses Anliegen ist nicht neu und die Verwaltung hat bei mehreren Anlässen erklärt, dass sie der Anlage ein möglichst langes Wirken ermöglichen will. Der Antrag schafft somit keinen neue Beschlusslage und ist zugleich uneindeutig: Bis zu Letzt war unklar, ob hier auch erschließende Maßnahmen hinzuzählen. Im Zweifel würde eine Annahme des Antrages somit die Entwicklung des Groten Pohls um mindestens ein Jahr verzögern, da Kündigungen von Kleingartenanlagen rechtlich sehr engen Fristen folgen. Diese Verzögerung ist angesichts der endlos langen Reise zur Entwicklung des Gebietes nicht mehr vertretbar und zugleich kein realer Mehrwert für die Planungen der Verwaltung. Daher lehnten wir den Antrag gemeinsam mit einer Mehrheit ab.

Nach einigen kleineren Themen durften wir dann dem BSW lauschen, der sich gegen die Einrichtung von Waffenlagern in Rostock aussprach. Ein Thema, von dem Sie bisher noch nie etwas gehört haben, liebe Leser? Wir auch nicht. Fakt ist natürlich, dass die Hansestadt Rostock mit dem Marinearsenal einen Beitrag der Zeitenwende leistet. Doch folgen hier Vertreter des BSW unter dem Deckmantel kommunaler Selbstbestimmung einer sehr bemerkenswerten Bedrohungslogik: Wenn der ehemalige Große BSW-Bruder einen Angriff auf die NATO beabsichtigt, so wird das ganz sicher nicht daran liegen, dass in Rostock oder anderen Städten militärische Strukturentwicklung stattfindet. Vielmehr liegt es daran, dass die Kalten Krieger des Kremls alten Großmachtsfantasien nachträumen. Hier zu hoffen, sich auf den Rücken zu rollen und nichts zu tun, ist ganz klar die falsche Entscheidung. Die Abstimmung um den Antrag mündete in einer krachenden Niederlage des BSW: Nur die AFD stand an deren Seite. Alle anderen Mitglieder der Bürgerschaft lehnten ab.


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