Komm, wir überplanen (nicht) Rostock…
In einigen seltenen Momenten meines kommunalpolitischen Engagements fällt es mir wirklich schwer, freundlich und nüchtern zu berichten – Das muss ich euch vor der Lektüre dieses Blog-Beitrages vorwegschicken. Die Fassung, die ihr zu lesen bekommt, ist der dritte Anlauf meinerseits, den Kontext der aktuellen Diskussion um den Flächennutzungsplan der Hansestadt Rostock objektiv für euch herunterzubrechen, ohne die Detailtiefe zu verlieren und die darin befindlichen Fallstricke scharf genug herauszuarbeiten. Dennoch ist es äußerst wichtig, dass wir uns gemeinsam dem Thema annehmen. Denn den Flächennutzungsplan (FNP) könnt ihr euch als Leitplanke vorstellen, in deren Rahmen die bauliche Stadtentwicklung in den kommenden Jahren geplant wird. Mit anderen Worten: Flächen, die hier als neues Bauland für Wohnen und Gewerbe definiert werden, können (müssen aber nicht) künftig überplant werden.
Fakt ist, dass die freien Flächen in Rostock äußerst knapp bemessen sind. Daher ist es logisch, dass Diskussionen über Nutzungen der Flächen immer in Konkurrenz zueinander stehen: Wollen wir einen Fahrradweg oder lieber Kleingärten? Wollen wir mehr öffentliches Grün oder mehr öffentliche Parkplätze? Bis wohin wollen wir mit den Einwohnerzahlen wachsen? Wissend, dass dies immer Versorgungsaufwendungen für Kitas, Schulen, Freizeit, Gewerbe und co. hat.
Sachlage ist nun, dass die Stadtverwaltung einen neuen Flächennutzungsplan aufstellt und die Mitglieder der Rostocker Bürgerschaft Mitte Februar in einer internen Runde über einen ersten Sachstand informiert hat. Und so sehr es dort heiß her ging und vor allem wir als SPD uns sehr kritisch äußerten, darf ich diese Primärinformationen nicht an euch weitergeben. Ich werde mich daher Informationen bedienen, die bereits durch die Presse an die Öffentlichkeit gebracht wurde – Und Informationen, die schon in älteren Vorstellungen und Konzepten wie beispielsweise den Zukunftsplan Rostock zu finden sind.
Doch fangen wir erstmal grundsätzlich an: Rostock wächst und entwickelt sich sowohl in seiner Gesamtheit, als auch in den Stadtteilen, weiter. Spannend ist die Frage, wie wir diese Entwicklung konkret gestalten wollen und bis zu welchem Punkt die Einwohnerzahl wachsen wird. Dem FNP liegt beispielsweise eine veraltete Abschätzung zu Grunde, dass die Einwohnerzahl auf weit über 220.000 Einwohner wachsen würde. Neuere Bevölkerungsprognosen gehen hingegen von einem deutlich geringeren Wachstum aus. Der (planerische) Unterschied des Wachstums auf 210.000, 215.000 oder 220.000 Einwohner mag auf dem ersten Blick eher gering wirken, birgt aber die Grundlage für die meisten Flächenkonflikte: Bei einem geringeren Wachstum müssten viele der aktuell sehr kritisch diskutierten Flächen nicht angefasst werden.
Blickt man auf die öffentliche Berichterstattung der letzten Tage und Wochen, stoßen vor allem die potentiell neuen Flächennutzungen stark auf: Etwa ein Drittel der von der Verwaltung im Zuge des FNP neu verplanten Flächen sind Kleingärten – Hier vor allem Anlagen, für die in der Vergangenheit schon öfter Begehrlichkeiten aufkamen: Im Rostocker Süden ist dies beispielsweise die Kleingartenanlage „An’n schewen Barg“ e.V.“ am Südring: Diese sollte schon mehrfach im Zuge der Bebauungen an der naheliegenden Albert-Einstein-Straße weggerissen werden – Erst im April 2022 wehrten wir den jüngsten Versuch der Verwaltung ab. Dass nun schon wieder ein Anlauf gewagt wurde, empfand ich ganz persönlich als äußerst frech. Zumal an Vielen der Anlagen schon im Zuge der aktuell auch laufenden Planungen zu einem neuen Kleingartenentwicklungskonzept ein planerisches Fragezeichen gemacht wurde.
Pikant: Für den Rostocker Süden wurden sehr konkrete Vorstellungen aufgezeigt, die Gartenflächen an der Wendeschleife bei der Mensa großräumig zu überplanen – Heißt: Die Anlagen sollen weg, um Gewerbe und Wohnen zu realisieren. Teilweise allerdings mit Ideen, die für mich als regional verwurzelter Kommunalpolitiker nur schwerlich nachvollziehbar sind: So werden beispielsweise über „attraktive Gewerbeflächen für Kleingewerbe“ direkt am Damerower Weg nachgedacht. Dies steht in konkreter Konkurrenz zu den Sportflächen und Gartenanlagen vor Ort.
Die Liste der „bedrohten“ Anlagen kann man für die Südstadt sogar sehr konkret machen: KGA „Dahlie“ e.V., KGA „Heidberg“ e.V., KGA „Sonnenschein I“ e.V., KGA „Beim Schuster“ e.V., „An’n schewen Barg“ e.V., KGA „Mooskuhle“ e.V., KGA „Hellberg“ e.V., KGA „Rote Burg“ e.V., KGA „Kirschblüte“ e.V. , KGA „Lütten Grund“ e.V., KGA „Uns Hüsung“ e.V., KGA „Neue Mooskuhle“ e.V.
Man könnte es auch polemisch formulieren: Bis auf den Dauerabbonenten auf Preise im Kleingartenwesen (die KGA „Weiße Rose“ e.V.) sieht die Verwaltung alle anderen Anlagen im fraglichen Gebiet als verzichtbar an. Das ist für mich absolut unakzeptabel, weshalb ich die Petition des Verbandes der Gartenfreunde mit unterzeichnet habe. Diese findet ihr hier.
Leider wird dieser Artikel nun schon etwas lang. Daher setze ich erstmal einen Punkt. Wichtig für euch zu wissen ist aber folgendes: Glücklicherweise kocht(e) das Thema sehr deutlich hoch, so dass der Druck auf die Stadtverwaltung steigt. Hier zeigen sich bereits erste Anzeichen, dass diese von ihren Maximal-Planungen zum Flächennutzungsplan abrückt und relativiert. Dennoch gilt es nun den Druck hoch zu halten und sehr genau zu schauen, was im Laufe diesen Jahres vorgelegt wird.
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